Meine Zeit (09.09.2018)

Meine Zeit im irdischen Leben

Mir wurde bereits in die Wiege gelegt eine philosophische, intellektuelle und missionarische Art, die sich durch Lebenserfahrungen bis heute weiterentwickelt hat in dem Sinne, dass spirituelle und politische Grundsätze verstärkt worden sind. Der Wissensdurst wurde im Gymnasium und Hochschulstudium ausgelebt und führte zu einem hohen Bildungsniveau. Weitere Einflüsse im Elternhaus ließen jedoch auch gärtnerische, technische und musikalische Entwicklungsmöglichkeiten nicht zu kurz kommen. Eigentlich müsste man nun glücklich sein.

Schön wäre es, wenn die materiellen Voraussetzung so wären, daß ich frei, unbekümmert und kreativ durch die Welt wandern könnte. Weil dem jedoch nicht so ist, bin ich in einem abhängigen Arbeitsverhältnis bei einer Behörde beruflich tätig. Wie es dazu kam, steht an anderen Stellen niedergeschrieben.

Das tiefe Bedürfnis, der Menschheit zu sagen, wo es langgehen muss, dass das Leben überhaupt langfistig möglich sein wird auf diesem Planeten Erde, beschäftigt mich täglich, was meine ideologische Grundlage ist. Aber hier muss ich "einräumen", dass niemand allwissend ist, ausser dem Papst von Rom. Meine Erkenntnisse basieren daher eher auf wissenschaftlich fundierten Aussagen zum Beispiel zum Klimawandel, der noch zu gigantischen Völkerwanderungen führen wird, falls vorher nicht Atomkriege die Menschheit schon vernichten, oder Gentechnik und Chemie deutlich zahlenmäßig reduziert haben werden.

Viele gläubige Menschen antworten hier meist, dass diese negativen Gedanken nicht real seien, da die Menschen stets klug und fortschrittlich waren. Ich halte entgegen, daß jeder technische Fortschritt sowohl friedlich und nützlich, als auch destruktiv und vernichtend eingesetzt werden kann, und es war dann in der Menschheitsgeschichte tatsächlich so bis heute.

Und wenn ich mir die Mächtigen der Welt heute ansehe - Trump, Putin, Erdogan, Merkel, nur zum Beispiel - , so habe ich kein Vertrauen, daß diese Leute den weiteren Weg in den Abgrund verhindern könnten.

Ich bleibe bei meiner Prognose, dass das Ende der Menschheit innerhalb weniger Generationen besiegelt ist, ohne dass Pflanzen, Tiere und die Erde damit gleich ganz mitstürben.

Der Trost liegt darin, daß ich gut gelebt hatte in meiner Zeit auf Erden.

Ganz am Anfang bei der Geburt war mein erster Gedanke, "wie schön doch meine Mutter ist". Aber warum hatte sie schwarze und ich blonde Haare? Später wusch man mich dann noch mit Salzwasser von der nahen Ostsee, was die Bildung eines hohen Intelligenzquotienten positiv beeinflußt hatte, wovon ich bis heute noch offenkundig profitiere.

Nach der Republikflucht erwachte ich, über drei Jahre später, im grauen VW-Käfer, den mein blonder Vater stets samstags mit einem geeigneten Schwamm vom Aldi Süd mit viel Schaum am Abhang neben dem Haus wusch. Ich durfte solange innen sitzen, bis dieser hoch interessante technische Vorgang abgeschlossen und die Tür wieder auf war.
Da kam der Kunz mit seinem Zweitaktgogo daher und verkaufte die Bildzeitung, die wir mangels Geldes uns normalerweise nicht leisten konnte. Doch J.F. Kennedy war gerade totgeschossen worden, was ein Krisengefühl mit fahl bleichem Gesicht beim Vater auslöste. "Papa, was ist ein Atomkrieg?" Bereits damals stellten sich die Weichen ein wenig in Richtung Physikstudium.

Danach gab es Kaninchen vom eigenen Stall und junges Rotkohlgemüse aus dem Vorgarten, was inzwischen die schwarzhaarige katholische Mutter hergerichtet hatte. Der Unterschied in der Haarfarbe der Eltern hatte sicherlich religiöse Gründe, denn mein Vater war evangelisch, damit die drei Kinder nach damaliger Logik auch so getauft.

Heute bin ich seit einigen Jahren "religionslos" mit Mitgliedschaft bei den Humanisten, und bei meiner Trauerfeier wird, wenn überhaupt, ein Redner dieser Organisation aus Stuttgart sprechen. Das habe ich bereits mit meiner Ehefrau so festgelegt; verfügt, wie es in Behörden so heißt. 

Für das seelische Gleichgewicht von erheblichem Maße wichtig und gut war der intensive Kontakt zur Natur im Kindesalter und die Tatsache, daß die Eltern die Entwicklung schulischer, musikalischer und technischer Fähigkeiten förderten. Ich war ja ein Multitalent, auch Universalgenie genannt, und studierte somit Physik, was erfolgreich war mit guten Noten.

Eine Krise stellte sich erst ein, als ich ins Berufsleben einsteigen mußte, erneut mangels Geldes.

So kam auf mich der Kulturschock zu, seit Mai 1991 in der Region Stuttgart arbeiten zu müssen, was grundsätzlich funktioniert. Aber das gesellschaftliche Klima ist dort von materiellem Stress und rauem Charm geprägt. Nur in der Besenwirtschaft ist der Schwabe gemütlich, wenn er sein Viertele "schlotzt". Dort zog es mich alsdann regelmäßig hin, erneut wieder die ersten Gedanken im Kopfe (wie nach der Geburt schon), der Ausschau nach der schönsten und geeigenesten Braut für mich, die ich allerdings dort schier nicht fand, stattdessen auf einen Tiefpunkt zusteuerte.

Denn vier Jahre später sagte der Nervenarzt Doktor Salzmann zu mir im Sommer 1995: „Nun fangen wir erneut ganz von vorne an.“ Ich antwortete spontan: „Am Anfang schuf ich Himmel und Erde.“ Er lachte nicht. „Herr Doktor, keiner versteht mich!“ Er murmelte: „Der nächste bitte“.

Die Antwort war korrekt, denn die Welt um mich herum existiert nur in meinem Kopf und wird permanent überprüft und angepasst durch die Wahrnehmung der sieben Sinne. Die objektiv und naturwissenschaftlich nachgewiesene materielle Welt wäre ein Durchschnitt der Wahrnehmungen aller Menschen, und diese sind sehr unterschiedlich, wie ich heute erst weiß, so kurz vor der Rente. Jedenfalls gibt es nicht nur zwischen Arzt und Patient Missverständnisse, sondern vor allem zwischen Mann und Frau maximal. Denken Sie einmal an den Satz: „Ich liebe Dich.“ Wurde gelogen? Wurde geglaubt? Selten ist das Bekenntnis absolut wahr und bedingungslos, wie es die Bibel einfordert. Geeigneter wäre: „Leg‘ Dich schon einmal hin; ich glaube, ich liebe Dich.“ Nun sind wir bei meinem eigentlichen Lebensthema.

Salzmann fuhr mir jedenfalls damals mit dem Zackenrädchen über das Knie. „Spüren Sie etwas?“ „Die Hand einer Frau wäre mir jetzt wesentlich angenehmer, Herr Doktor.“ Auch an dieser Stelle der Untersuchung mit anschließendem Therapiegespräch lachte er nicht, denn diese Antwort kannte er sicherlich, und sie war ohnehin nicht originell, was mir damals jedoch nicht klar und dem Alter geschuldet war. PNP wurde jedenfalls nicht festgestellt. Stattdessen bekam ich von der Krankenkasse einen Aidstest bezahlt. Das sei aufgrund des Lebenswandels so üblich.

"Wein, Weib und Gesang“, dieser lockere Lebensstil geht eben nicht ewig, musste ich irgendwann in der Mitte des Lebens einräumen.

Abends saß „Salz“ neben „Hasso“ beim Essen im Speisesaal und wurde gefragt, wegen welcher Erkrankung  er denn eigentlich hier sei. Entrüstet erhob er sich: „Sie irren, ich bin hier der Nervenarzt.“ Ein schallendes lang andauerndes Gelächter war ihm sicher für dieses Statement. So ähnlich war es auch im Buch „die Physiker“ von Dürrenmatt, wenn ich mich nicht irre.

In der ersten Nacht dort im schwäbischen Moor quakten die Frösche. Wir gingen bei Tageslicht ins Bett, was in den letzten mindestens 20 Jahren davor bei mir nicht mehr vorgekommen war. Ich träumte komischerweise damals von meiner ersten Liebe, nicht zu verwechseln mit Ehefrau, und es war so schön.

In den nächsten etwa ein hundert Tagen nahm ich über zwanzig Kilogramm Körpergewicht ab und kam erholt, entspannt, gebräunt und attraktiv wieder raus nach Renningen in meine Junggesellenbude. Diese musste ich zuerst einmal aufräumen.

Am nächsten Tag ging es am Arbeitsplatz in meiner Behörde wieder weiter.

Als studierter Naturwissenschaftler glaube ich natürlich an das Modell der Evolution mit Urknall und die allgemeine Relativitätstheorie. An anderer Stelle beschrieb ich bereits den Weg durch die Zeit mit Entstehung der Materie, die den Raum bestimmt, und dem Lauf der Menschheit durch die Geschichte. Der größte Irrtum war hier stets, daß wir ängstlich, kindlich und abhängig an Religionsführer, Herrscher und Politiker als Vorbilder glaubten. Diese vermehren in der Regel doch nur ihre eigene Geldmenge und Macht und führen uns stets immer wieder in Kriege, Hungersnöte, die totale Umweltverschmutzung und den Klimawandel.

Allerdings hat sich in der Physik seit Einstein auch nicht viel getan, außer daß die Grausamkeit der Waffensysteme dieser Welt sich derart verselbständigt hat, daß sie unbeschreiblich und unbeschreibbar geworden ist. Glücklich ist, wer heute sagen kann, er habe gut gelebt. Die Kinder werden es allerdings schwerer haben. 



 

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