Am Anfang (24.09.2017)

Bei der Geburt war mein erster Gedanke, wie schön doch meine Mutter sei. Aber warum hatte sie schwarze und ich blonde Haare? Später wusch man mich dann noch mit Salzwasser von der nahen Ostsee, was die Bildung eines hohen Intelligenzquotienten positiv beeinflußt hatte, wovon ich bis heute noch offenkundig profitiere.
Nach der Republikflucht erwachte ich, über drei Jahre später, im grauen VW-Käfer, den mein blonder Vater stets samstags mit einem geeigneten Schwamm vom Aldi Süd mit viel Schaum am Abhang wusch. Ich durfte solange innen sitzen, bis dieser hoch interessante technische Vorgang abgeschlossen und die Tür wieder auf war.
Da kam der Kunz mit seinem Zweitaktgogo daher und verkaufte die Bildzeitung, die wir mangels Geldes uns normalerweise nicht leisten konnte. Doch Kennedy war gerade totgeschossen, was ein Krisengefühl mit fahl bleichem Gesicht beim Vater auslöste. "Papa, was ist ein Atomkrieg?"
Danach gab es Kaninchen vom eigenen Stall und junges Rotkohlgemüse aus dem Vorgarten, was inzwischen die schwarzhaarige katholische Mutter hergerichtet hatte. Der Unterschied in der Haarfarbe der Eltern hatte sicherlich religiöse Gründe, denn mein Vater war evangelisch, damit die drei Kinder nach damaliger Logik auch so getauft.
Heute bin ich seit einigen Jahren religionslos, und bei meiner Trauerfeier wird, wenn überhaupt, ein Redner der Humanisten Stuttgart und einer von der Linkspartei sprechen, sonst möglichst niemand. Das habe ich bereits mit meiner Ehefrau so festgelegt; verfügt, wie es in Behörden so heißt. 
Für das seelische Gleichgewicht von erheblichem Maße wichtig und gut war der intensive Kontakt zur Natur im Kindesalter und die Tatsache, daß die Eltern die Entwicklung 
schulischer, musikalischer und technischer Fähigkeiten förderten. Ich war ja ein Multitalent, auch Universalgenie genannt, und studierte somit Physik, was erfolgreich war mit guten Noten.
Eine Krise stellte sich erst ein, als ich ins Berufsleben einsteigen mußte, erneut mangels Geldes. So kam auf mich der Kulturschock zu, seit 1991 in der Region Stuttgart arbeiten zu müssen, was grundsätzlich funktioniert. Aber das gesellschaftliche Klima ist von materiellem Stress und rauem Charm geprägt. Nur in der Besenwirtschaft ist der Schwabe gemütlich, wenn er sein Viertele "schlotzt". Dort zog es mich alsdann regelmäßig hin, erneut wieder die ersten Gedanken im Kopfe (wie nach der Geburt schon) nach der Ausschau der schönsten und geeigenesten Braut für mich, die ich allerdings dort nicht fand.


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